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Wie sich das Backen auf Cannabinoide in Hanfbrot auswirkt: Eine Studie mit Pioniercharakter

by CX
cannabis baking

Der Trend, Hanfprodukte in alltägliche Lebensmittel – insbesondere Backwaren wie Brot – zu integrieren, nimmt stetig zu. Doch was passiert eigentlich mit Cannabinoiden wie CBD und THC während des Backvorgangs? Eine neue Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) liefert erstmals systematische wissenschaftliche Erkenntnisse über die Stabilität und Umwandlung von Cannabinoiden in hanfhaltigem Brot.

Cannabinoide in hanfbasierten Lebensmitteln verstehen

Hanf (Cannabis sativa L.) enthält über hundert verschiedene Cannabinoide, darunter Cannabidiol (CBD) und Delta-9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC). Während CBD nicht psychoaktiv ist und für seine potenziellen gesundheitlichen Vorteile bekannt ist, besitzt Δ9-THC eine psychoaktive Wirkung und unterliegt strengen EU-Regularien.

In der Pflanze kommen Cannabinoide überwiegend in ihren sauren Formen vor (z. B. CBDA, THCA). Erst durch Hitzeeinwirkung – einen Vorgang, der als Decarboxylierung bekannt ist – entstehen die aktiven, neutralen Verbindungen wie CBD und THC. Diese Umwandlung ist entscheidend für das Cannabinoidprofil eines verarbeiteten Lebensmittels wie Brot.

Studiendesign: Vom Teig bis zum fertigen Produkt

Die Forschenden analysierten 31 kommerzielle hanfhaltige Backwaren sowie 72 Modellbrote, die unter kontrollierten Bedingungen hergestellt wurden. Dabei wurde eine standardisierte Roggen-Weizen-Rezeptur mit und ohne 10 % Hanfsamen verwendet.

Mittels Flüssigchromatographie in Kombination mit Tandem-Massenspektrometrie (HPLC-MS/MS) wurden insgesamt 19 Cannabinoide untersucht. Die Modellbrote wurden bei drei verschiedenen Temperaturen (180 °C, 220 °C, 260 °C) und Backzeiten (40, 50, 60 Minuten) gebacken, um die Effekte der Backparameter systematisch zu erfassen.

Ergebnisse aus dem Handel: Geringe THC-Werte, große Schwankungen

Die Gesamt-Cannabinoidkonzentration in den gekauften Produkten lag zwischen 68 und 4603 μg/kg (Frischgewicht), im Durchschnitt bei 1170 μg/kg. Die Δ9-THC-Werte blieben durchgehend deutlich unter dem gesetzlichen Grenzwert von 3,0 mg/kg für Hanfsamen. Weder Δ8-THC noch halbsynthetische Substanzen wie Hexahydrocannabinol (HHC) wurden nachgewiesen.

Zur Beurteilung der Hanfherkunft wurde das Verhältnis psychoaktiver zu nicht-psychoaktiver Cannabinoide (Phenotyp-Ratio, PR) berechnet. Die meisten Produkte zeigten PR-Werte unter 0,13 – ein klarer Hinweis auf die Verwendung von Nutzhanf. Einige wenige Produkte wiesen jedoch PR-Werte über 1 auf, was auf Verunreinigungen oder die Nutzung nicht zugelassener Sorten hinweisen könnte.

Was beim Backen passiert – und was nicht

Die Untersuchung zeigte, dass sich das Cannabinoidprofil beim Backen verändert – allerdings in einem überschaubaren Ausmaß. Im Extremfall sank die Gesamt-Cannabinoidmenge um 26 %. Δ9-THC nahm je nach Bedingung um bis zu 25 % ab oder durch Decarboxylierung von THCA um bis zu 55 % zu.

Am auffälligsten war die kontinuierliche Abnahme des Verhältnisses von sauren zu neutralen Cannabinoiden (A/N) mit steigender Temperatur und Backzeit. Dies bestätigt, dass die Umwandlung von THCA und CBDA zu ihren aktiven Formen beim Backen tatsächlich stattfindet.

Kruste gegen Krume: Temperaturverläufe entscheiden

Da die Kruste beim Backen deutlich höheren Temperaturen ausgesetzt ist als die Krume (bis zu 220 °C gegenüber ca. 98 °C), war hier eine stärkere Umwandlung von Cannabinoiden messbar. Saure Formen gingen in der Kruste deutlicher zurück, neutrale stiegen stärker an.

Obwohl frühere Studien nahelegten, dass die Decarboxylierung bei Temperaturen um 130–160 °C nahezu vollständig abläuft, blieb in der vorliegenden Studie selbst bei 260 °C nach 60 Minuten noch ein Anteil von 31 % sauren Cannabinoiden in der Kruste erhalten – ein Hinweis darauf, dass Brot als Matrix die Umwandlung hemmt.

Verschwinden Cannabinoide beim Backen?

Ein vollständiges „Verschwinden“ konnte nicht festgestellt werden. Verdampfung wurde ausgeschlossen, da Cannabinoide schwerflüchtig sind und sich im Inneren des Brots kaum verflüchtigen können. Vielmehr könnte es zu chemischen Reaktionen mit Bestandteilen der Matrix (z. B. Proteine, Kohlenhydrate) kommen oder zur Bildung bisher unbekannter Nebenprodukte.

Dafür wären künftig Analysen mit hochauflösender Massenspektrometrie (HRMS) nötig, um mögliche neue Substanzen oder Abbauprodukte zu identifizieren.

Sicherheit aus regulatorischer Sicht

Trotz der messbaren Veränderungen blieben alle Δ9-THC-Werte deutlich unterhalb der EU-Grenzwerte. Selbst beim höchsten gemessenen THC-Gehalt müsste ein Erwachsener über 1,8 kg Brot verzehren, um die akute Referenzdosis der EFSA von 1 μg/kg Körpergewicht zu überschreiten.

Hanfbrote im Handel können somit als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden – ein beruhigendes Ergebnis sowohl für Verbraucher:innen als auch für Behörden.


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FAQ

Was passiert mit THC und CBD beim Backen von Hanfbrot?
Sie werden durch Wärme aktiviert: Aus den sauren Vorstufen THCA und CBDA entstehen durch Decarboxylierung die aktiven Formen THC und CBD. Die Umwandlung hängt von Temperatur und Backzeit ab.

Macht Hanfbrot high?
Nein. Alle untersuchten Brote enthielten nur sehr geringe Mengen Δ9-THC – deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Eine psychoaktive Wirkung ist ausgeschlossen.

Ist die Kruste cannabinoidreicher als die Krume?
Nicht unbedingt cannabinoidreicher, aber chemisch stärker verändert. Die Kruste zeigt mehr decarboxylierte (aktive) Cannabinoide aufgrund der höheren Hitzeeinwirkung beim Backen.

Ist der Verzehr von Hanfbrot gesundheitlich unbedenklich?
Ja. Selbst im ungünstigsten Fall müsste ein Mensch mehrere Kilo Brot essen, um die erlaubte Tagesdosis für THC zu überschreiten. Hanfbrot ist somit als sicher einzustufen.

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