Verbote stoppen den Konsum nicht
Eine neue Studie der University of California, San Diego (UCSD) zeigt: Cannabisverbote beenden den Konsum nicht, sie verlagern ihn lediglich. Rund 19 Millionen erwachsene US-Amerikaner haben bereits Delta-8 THC ausprobiert – eine Substanz, die aus Hanf gewonnen wird und in einer rechtlichen Grauzone existiert.
Delta-8 THC ähnelt dem Delta-9 THC, dem wichtigsten psychoaktiven Bestandteil von Cannabis. Anders als Delta-9 kommt Delta-8 jedoch nur in geringen Mengen natürlich vor und wird meist im Labor durch die Umwandlung von CBD aus Nutzhanf hergestellt. Die Farm Bill von 2018 legt lediglich eine Grenze von 0,3 % Delta-9 THC im Hanf fest – Delta-8 bleibt darin unerwähnt. Dieses juristische Schlupfloch hat einen weitgehend unregulierten Markt entstehen lassen.
Höhere Nutzung in Staaten mit Cannabisverbot
Die Ergebnisse, veröffentlicht am 3. September im American Journal of Preventive Medicine, basieren auf einer repräsentativen Befragung von mehr als 1.500 Erwachsenen. Besonders auffällig:
- 10,9 % der Erwachsenen in Staaten mit Cannabisverbot haben Delta-8 THC konsumiert.
- In Bundesstaaten mit legalem Freizeitcannabis liegt die Quote bei 5,5 %.
- In medizinisch eingeschränkten Staaten wie Florida nutzen es 8,5 %.
Damit wird deutlich: Wo regulierter Zugang fehlt, greifen viele zu Alternativen, die leichter verfügbar sind – auch wenn sie unsicherer sind.
Risiken für die öffentliche Gesundheit
Delta-8-Produkte sind in Tankstellen, Tabakläden oder Convenience Stores frei erhältlich – oft bunt verpackt und kinderfreundlich gestaltet. Genau darin sehen Fachleute ein Risiko.
Bereits 2021 warnten die U.S. Food and Drug Administration (FDA) und die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vor „ernsten Gesundheitsgefahren“. Die Zahl der Vergiftungen durch Delta-8-Produkte, die bei Giftzentralen gemeldet werden, steigt seither kontinuierlich.
„Menschen hören nicht einfach auf, Cannabis zu konsumieren, wenn es in ihrem Bundesstaat verboten ist“, sagt Eric Leas, Ph.D., M.P.H., Hauptautor der Studie. „Sie weichen auf leichter zugängliche Alternativen aus – selbst wenn diese weniger erforscht und schlecht reguliert sind. Das ist ein klassisches Beispiel unbeabsichtigter Folgen staatlicher Politik.“
Rechtliche Grauzone und politische Debatte
Der Boom von Delta-8 ist eng mit regulatorischen Lücken verknüpft. Senator Mitch McConnell, der 2018 die Legalisierung von Nutzhanf vorangetrieben hatte, räumt inzwischen die problematischen Nebenwirkungen ein. Sein Versuch, Hanf-THC im Sommer 2025 über ein Haushaltsgesetz zu verbieten, scheiterte.
Die Studienautoren empfehlen, die Farm Bill zu überarbeiten oder separate Regelungen für Cannabinoide in Endprodukten zu schaffen, um den Markt zu kontrollieren und Gesundheitsrisiken zu mindern.
Auf dem Weg zu einer ausgewogeneren Cannabispolitik
Die UCSD-Forscher plädieren für ein Gleichgewicht zwischen Regulierung und Verbraucherschutz. Strikte Verbote allein seien keine Lösung, so Leas: „Wir denken oft, ein Verbot löse das Problem. Doch wenn der Markt schneller ist als die Regulierung, entstehen neue Risiken. Wir brauchen Gesetze, die das tatsächliche Verhalten der Menschen berücksichtigen.“
In bevölkerungsreichen Staaten wie Texas, Georgia, North Carolina, Florida und Pennsylvania – zusammen fast 90 Millionen Einwohner – dürfte Delta-8 THC daher weiterhin stark nachgefragt bleiben, solange Cannabis selbst schwer zugänglich ist.
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