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Hohe Hürden, hohes Risiko: Wie Cannabis-Unternehmer ohne Banken ihre Firmen aufbauen

by CX
cannabis farmer

Ein Unternehmen führen – ohne Zugang zum Finanzsystem

Ein kleines Unternehmen zu gründen ist nie einfach. Doch für Unternehmerinnen und Unternehmer in der Cannabisbranche gleicht es dem Versuch, ein Haus in einem rechtlichen Niemandsland zu bauen – mit ständig wechselnden Regeln.

Erin Gore weiß, wovon sie spricht. Die Gründerin der kalifornischen Cannabismarke Garden Society schilderte im Podcast The Big Idea von Yahoo Finance, welche Hürden sie täglich überwinden muss, um ein legales, aber finanziell blockiertes Geschäft zu führen. Ihrer Gesprächspartnerin – und Schwägerin – Elizabeth Gore erklärte sie, wie sie trotz wachsender Nachfrage keinen Zugang zu den grundlegendsten Finanzdienstleistungen hat.

„Wir bekommen keinen Kreditrahmen, keine 401(k)-Altersvorsorge für unsere Mitarbeitenden, keine Finanzierung für Geräte oder Immobilien. Sogar unsere privaten Bankkonten wurden geschlossen“, sagt Gore.

Dabei handelt es sich nicht um ein Nischenproblem: Der US-Cannabismarkt wurde 2024 auf 38,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. In 39 Bundesstaaten ist medizinisches Cannabis legal, in 24 Staaten auch der Freizeitkonsum. Doch auf Bundesebene bleibt Cannabis eine sogenannte Schedule-I-Substanz – dieselbe Kategorie wie Heroin. Für Banken bedeutet das: ein unkalkulierbares Risiko.

Ohne Kredit, aber mit Kreativität

In dieser finanziellen Grauzone hilft nur Kreativität. Da klassische Bankdienstleistungen keine Option sind, musste Erin Gore ihr Geschäftsmodell anpassen. Der Schlüssel: ein funktionierender Cashflow.

Ein Investor fragte sie einst nach ihrem „Cash-to-Cash-Zyklus“ – also der Zeitspanne zwischen einer Investition und dem Rückfluss des eingesetzten Kapitals. Bei Eigenmarkenprodukten von Garden Society beträgt diese Zeit im Idealfall 160 Tage. Für ein junges Unternehmen ist das eine lange Durststrecke.

Gores Lösung: Lohnherstellung für andere Marken. Diese Firmen zahlen Materialien und Produktion im Voraus – ein kluger Schachzug, der ihre Liquidität stärkte und zusätzliche Einnahmequellen erschloss.

„Ich konnte meinen Overhead decken und gleichzeitig in meine eigene Marke investieren“, erklärt sie. „Plötzlich hatte ich neue Umsatzströme, die mein Geschäft stabiler und profitabler machten.“

Heute gehört Garden Society zu den größten Cannabisunternehmen Kaliforniens. Doch selbst mit cleveren Strategien bleiben große Risiken. Als ein Distributor überraschend Insolvenz anmeldete und ihr fast eine halbe Million Dollar schuldete, hatte Gore keine rechtliche Absicherung. Insolvenzschutz? Für die Cannabisbranche nicht vorgesehen.

„Ich habe keine Kreditlinie. Ich bin auf Barbestände angewiesen, um Gehälter zu zahlen. Ich kann keine Bank um Hilfe bitten – nur Investoren.“

Zwischen Politik und Praxis

Erin Gore will das System nicht nur überleben, sondern aktiv mitgestalten. Seit fast zehn Jahren setzt sie sich auf kommunaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene für rechtliche Reformen ein.

Hoffnungsträger der Branche war 2023 der Entwurf des SAFER Banking Act, der Banken und Kreditinstituten den rechtlichen Schutz bieten sollte, um mit lizenzierten Cannabisfirmen zu arbeiten. Doch wie viele ähnliche Vorhaben kam auch dieser Gesetzesentwurf im Kongress nicht über das Ausschussstadium hinaus.

„Wir bauen das Flugzeug, während wir schon in der Luft sind“, sagt Gore. „Niemand ist besser geeignet, die Regeln mitzugestalten, als die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst.“

Ihre Geschichte steht exemplarisch für eine Branche, die hohes Wachstumspotenzial bietet, aber von überholten Gesetzen ausgebremst wird. Kreativität, Belastbarkeit und Anpassungsfähigkeit sind keine Tugenden, sondern existenzielle Notwendigkeiten.

„Viele unterschätzen, wie flexibel und erfinderisch man in diesem Geschäft sein muss.“

Der größere Kontext: Trends, Wachstum, lokale Krisen

Die finanziellen Hürden für Cannabisunternehmer wie Erin Gore sind nur ein Aspekt der dynamischen Branche im Jahr 2025. Auch Konsumverhalten verändert sich – etwa zwischen den Geschlechtern. Unser Bericht zu Unterschieden im Cannabiskonsum zwischen Männern und Frauen zeigt, wie sich diese Entwicklungen auf Marketing und Produktdesign auswirken. Gleichzeitig steht der Markt für medizinisches Cannabis vor einem massiven Wachstum bis 2030, was neue Chancen für Investoren, aber auch Herausforderungen für Regulierer mit sich bringt. Und in New Mexico etwa bedroht eine Wasserkrise die Existenz vieler Produzenten – ein Beispiel dafür, wie regionale Umwelt- und Ressourcenthemen den nationalen Fortschritt ausbremsen können.

FAQ – Cannabisunternehmen und Finanzwesen

Frage 1: Warum haben Cannabisunternehmen keinen Zugang zu regulären Bankdienstleistungen?
Antwort: Obwohl Cannabis in vielen US-Bundesstaaten legal ist, bleibt es auf Bundesebene illegal. Banken fürchten deshalb rechtliche Konsequenzen und vermeiden Geschäftsbeziehungen mit Cannabisunternehmen, um Geldwäschevorschriften nicht zu verletzen.

Frage 2: Was ist der SAFER Banking Act und warum ist er wichtig?
Antwort: Der Secure and Fair Enforcement Regulation (SAFER) Banking Act soll Finanzinstitute schützen, die legale Cannabisunternehmen in US-Bundesstaaten unterstützen. Sein Ziel ist es, die Finanzierung und Absicherung der Branche auf eine rechtlich sichere Grundlage zu stellen.

Frage 3: Wie sichern sich Cannabisunternehmen finanziell ab, wenn sie keine Kredite erhalten?
Antwort: Viele setzen auf Investoren, effizientes Cashflow-Management oder alternative Geschäftsmodelle wie Lohnfertigung. Dadurch wird die Kapitalbindung reduziert und zusätzliche Einnahmequellen erschlossen.

Frage 4: Sind die Herausforderungen überall in den USA gleich?
Antwort: Nein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. In New Mexico etwa stellt die Wasserknappheit eine besondere Belastung dar – wie unser Bericht zur Cannabis-Wasserkrisezeigt.

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